Technik
Kräfte am Fahrzeug beim Bremsen

Um sicher bremsen oder in eine Kurve fahren zu können, muss das Zusammenspiel von Reifen und Bremsen funktionieren – nur dann lässt sich der Bewegungszustand des Fahrzeugs verändern, sprich: nur dann lässt sich das Fahrzeug lenken und bremsen.
AT-RS, Ihr Fachhändler für Bremstechnik, möchte nun in diesem Blogbeitrag die fahrphysikalischen Zusammenhänge für den Autofahrer skizzieren, um ihn für die Problematik zu sensibilisieren.
Achslastverschiebung
Grundsätzlich gilt: Die Aufgabe, den Istkurs des Fahrzeugs mit dem Sollkurs in Übereinstimmung zu bringen, gelingt nur, solange die fahrphysikalischen Grenzen nicht überschritten werden. Überschritten werden sie, wenn die Haftung zwischen Fahrbahn und Reifen verloren geht, so beispielsweise bei Schnee, Eis oder Aquaplaning, ebenso beim Überbremsen des Fahrzeugs mit blockierten Rädern.
Beim Bremsen eines Fahrzeugs treten große Radlastunterschiede zwischen Vorder- und Hinterachse auf.
Das heißt: Beim starken Bremsen verschiebt sich die Achslast auf die Vorderachse, das Fahrzeug wird im Heck leicht und dadurch instabil. Die Hauptbelastung muss somit die Bremse an der Vorderachse leisten, während die Bremse an der Hinterachse nicht blockieren darf, um das Fahrzeug in der Spur zu halten.
Deshalb sind moderne Fahrzeuge so ausgelegt, dass die Bremse der Vorderachse immer vor der Bremse an der Hinterachse blockiert. Hauptziel dabei ist ein möglichst kurzer Bremsweg.
Um diese unterschiedliche Belastung der Achsen bei Beladung zu berücksichtigen, war bis vor einigen Jahren in Automobilen an der Hinterachse ein mechanischer Bremskraftregler montiert, der bei entlastetem Heck über ein per Hebel betätigtes Ventil den Bremsdruck der Hinterräder verminderte.
Durch die Reduzierung des Bremsdruckes auf die Hinterachsbremse wurde sichergestellt, dass diese auch bei entlastetem Heck erst nach der Vorderachse blockierte. Heute ersetzt die elektronische Bremskraftverteilung diese relativ ungenaue mechanische Lösung durch ein elektronisches System.
Da durch das in Europa mittlerweile bei Neuwagen gesetzlich vorgeschriebene Vorhandensein von ABS die benötigten Sensoren und Aktoren vorhanden sind, kann die Anpassung des Hinterachs-Bremsdrucks an die Beladung des Fahrzeugs über das Assistenzsystem ABS in Form einer elektronischen Bremskraftverteilung (engl. Electronic Brakeforce Distribution, EBD) erfolgen.
Lediglich die Software des ABS muss etwas umfangreicher programmiert werden, zusätzliche Hardware ist nicht notwendig. Dabei erkennt das ABS automatisch ein Überbremsen der Hinterräder und senkt sofort den Bremsdruck.
Elektronische Bremskraftverteilung (EBD)
Die elektronischen Bremskraftverteilung verhindert nicht nur das Blockieren der Hinterräder bei starker Verzögerung, obendrein verteilt es auch den Bremsdruck beim Bremsen in Kurven zwischen der linken und rechten Fahrzeugseite.
Durch das Reduzieren des Bremsdrucks der kurveninneren, entlasteten Fahrzeugseite wird die Fahrzeugstabilität beim Bremsen in Kurven verbessert, der belasteten Fahrzeugaußenseite kann gleichzeitig ein höherer Bremsdruck zugewiesen werden.
Dadurch, dass jedes Hinterrad einzeln geregelt wird, gelingt eine nahezu ideale Haftwertausnutzung in Verbindung mit einer stabilisierenden Bremskraftverteilung. Der Bremsweg wird so minimiert.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen EBD und ABS: Die elektronische Bremskraftverteilung verteilt den vorhandenen Bremsdruck sinnvoll zwischen den vier Rädern, jedoch vermindert es im Gegensatz zum ABS nicht den Bremsdruck. Konkret: Das EBD regelt den Bremsdruck der einzelnen Räder bis zum Blockieren, erst danach übernimmt das ABS die weitere Regelung.
Eingeführt wurde die von Bosch entwickelte elektronische Bremskraftverteilung 1994 übrigens im Modell Opel Omega B – der mechanische Bremskraftregler entfiel hier erstmals.
Wie bremse ich eigentlich richtig?
Zur Frage des richtigen Bremsens in einer Gefahrensituation (Notbremsung) sei folgend ein Standardwerk (Bremsenhandbuch: Breuer/Bill) zitiert:
„Um den jeweils vorhandenen Haftbeiwert voll auszunutzen und damit den kürzestmöglichen Bremsweg zu erzielen, muss der Fahrer beim Tritt auf das Bremspedal seine Fußkraft so dosieren, dass bei der Ausgangsgeschwindigkeit der Haftbeiwert an den Rädern gerade erreicht wird und im Verlauf des Bremsvorgangs mit abnehmender Geschwindigkeit durch entsprechend stärkeres Treten das Anwachsen des Haftbeiwertes in Verzögerungs- und damit Bremsweggewinn umgesetzt wird.“
Anders ausgedrückt: Die Bremse muss bis kurz vor die Blockiergrenze betätigt werden, danach muss tendenziell stärker gebremst werden, weil die verfügbare Verzögerungsleistung im Verlauf des Bremsmanövers steigt. Tritt der Fahrer bei der Verzögerung zu fest auf die Bremse, blockieren die Räder und der Bremsweg verlängert sich.
Die Reifen wechseln in ihrer Verbindung zur Fahrbahn von Haft- in Gleitreibung. Bremst der Fahrer zu zaghaft, wird die Bremsleistung nicht ausgenutzt – der Bremsweg verlängert sich ebenfalls.
Und in der Tat glauben eine nicht geringe Zahl von Autofahren, dass ein festes Zutreten die Bremse beschädigen kann.
Gerade für solche zaghaften und unsicheren Bremser wurde vor einigen Jahren der Bremsassistent entwickelt. Dieser Bremsassistent errechnet aus der Geschwindigkeit des Pedalniedertretens, ob der Fahrer eine Notbremsung einleiten wollte, aber sich nicht traut, fest auf das Bremspedal zu treten.
Interpretiert der Bremsassistent durch ein schnelles Niedertreten eine Notbremsung, verstärkt er automatisch die Bremskraft, um das Fahrzeug der Situation angemessen zu verzögern.
Fazit
Wie Sie sehen, ist das exakte Zusammenwirken von Vorderrad- und Hinterrad-Bremse enorm wichtig für die Sicherheit eines Fahrzeugs. Dieses exakte Zusammenwirken von Vorderrad- und Hinterrad-Bremse wird nur durch die Verwendung von geprüften und zertifizierten Qualitäts-Bremskomponenten sichergestellt.
Drastischer ausgedrückt: Wer Bremsteile aus unzuverlässiger Quelle kauft und in sein Fahrzeug einbaut, der spielt mit seinem Leben und dem Leben der Mitfahrer.
Bei AT-RS, Ihrem Fachhändler für Bremstechnik, können Sie sicher sein, dass sie ausnahmslos geprüfte und zertifizierte Markenware erhalten.

Kommentare
Kommentar von Michael Glüsenkamp am
Muss ich die Bremsanlage anpassen wenn ich die Motorleistung erhöhe, das Zul. Gesamtgewicht bzw. die Zul. Achslast aber einhalte?
Über eine kurzfristige Antwort würde ich mich freuen.
Antwort von Autoteile Ralf Schmitz
Vom logischen Standpunkt her ja, denn mit gesteigerter Motorleistung ist in den meisten Fällen auch eine höhere Endgeschwindigkeit und somit mehr potentielle kinetische Energie vorhanden, die abgebremst werden muss. 1,5 Tonnen die sich mit 180km/h Geschwindigkeit bewegen haben mehr Energie als 1,5 Tonnen mit 150km/h.
Natürlich verfügt eine Serienbremsanlage meist über einen gewissen "Sicherheitspuffer", aber dies ist von Fahrzeug zu Fahrzeug unterschiedlich. Einige Fahrzeuge bewegen sich schon mit der zu klein dimensionierten Serienbremse am Limit!
Da die genannten Modifikationen ja meist auch von TÜV/Dekra abgenommen werden müssen, ist es ratsam, wenn Sie sich bei genannten Organisationen VOR der Leistungssteigerung einmal nach eventuellen Zusatzmodifikationen im Bereich der Bremse schlau machen.
Alternativ stehen Ihnen auch unsere Kollegen und Kolleginnen vom SalesTeam mit Rat & Tat zur Seite. Sie erreichen das Team Mo-Fr von 8-17 Uhr telefonisch unter 02163/9499840, per E-Mail unter info@at-rs.de oder über unser Kontaktformular (https://www.at-rs.de/kontakt.html)
Vielen Dank & beste Grüße
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