Wir vor Ort
at-rs.de vor Ort - Essen Motorshow 2015
Im Vorfeld der Essen Motorshow wurden ja einige Stimmen laut, die meinten, einen Besuch könne man sich dieses Jahr wohl sparen und die Zeit sinnvoller verbringen. Da wir uns von solchen Sachen natürlich immer gerne selber ein Bild machen, sind wir am Dienstag in fast voller Teamstärke in Essen eingefallen und haben uns in den Hallen der Messe mal umgesehen.
Während es am ersten Wochenende erwartungsgemäß wohl “brechend voll” war, ließ der Besucheransturm am Dienstag morgen noch zu wünschen übrig, was uns aber durchaus Recht war ;)
Start/Ziel - Halle 3
Wie jedes Jahr ging es los in Halle 3 mit der Mercedes Fan World, Sandtler und diversen weiteren, mehr oder minder interessanten Ausstellern. Die Sonderschau “E-Mobilität” ist von Halle 11 in Halle 3 gewandert - wobei die ausgestellten Fahrzeuge aber wieder nur mäßig interessant waren. Natürlich haben wir uns auch die neuen Schmidt Felgen auf dem Käfer Cabrio von Sidney Industries angesehen - interessante Teile die eine schöne Reminiszenz an die alten Schmidt Felgen darstellen, aber sicher keine “Allday”-Exemplare sind.
Erste Schikane - Halle 2
Da wir uns die Halle 1 mit den Old- und Youngtimern für den Schluss aufsparen wollten, war der nächste Halt die Halle 2, in der neben einer ganzen Menge Felgen-Herstellern auch JP Performance und der Hella Show & Shine Award zu finden waren. Schön flankiert von chinesischen Händlern, deren Produkte am deutschen Markt, durch fehlende Festigkeitsgutachten etc., wohl kaum eine Chance haben werden. Diese Händler werden wir im Laufe des Besuchs aber immer mal wieder unmotiviert in ihren fast leeren Messeständen stehen/sitzen sehen…
Apropos immer mal wieder - angeschraubte “Edel” Karosserieverbreiterungen ala Liberty Walk scheinen der neueste Hit in Sachen Tuning zu sein. Ganz klar nicht unser Fall - egal auf welchem Fahrzeug! Wenn man schon auf Breitbau steht, dann bitte richtig und im Rieger Style. Aber das ist vermutlich zu viel 80er…
Scharfe Rechtskurve - Halle 4
Nach einem kleinen Bummel über die, wie immer mit allem Möglichen gefüllte, Galerie (selbst Dr. Oetker war da) und einer ausreichenden Dosis Benzin, Gummi und Dezibel in der DMAX-Motorsport Arena (Halle 7) ging es weiter in Halle 4. Hier gab es neben ein paar gut gemachten Low-Ridern, Lead-Sleds und US-Muscle-Showcars, auch die erste und einzige verschleiß- und rostfreie Bremsscheibe zu bewundern - montiert auf einem 1937er Ford Roadster ;)
Boxenstopp - Halle 6
Der nächste Punkt (oder besser gesagt die nächste Halle) auf der Tagesordnung war Halle 6, in der sich diverse Rennteams, -Klassen und -Veranstalter dem Publikum präsentierten. Hier war vieles, was Rang und Namen hat vertreten - von der VLN, der Formula Student und dem ADAC Truck-Grand-Prix, über den Nürburgring und der Motorsport Arena Oschersleben, bis hin zu diversen Rallye und Offroad-Teams.
Xtreme Erfahrung - Halle 8
Nach so viel Morotsport brauchten wir erst mal wieder was für´s Auge. Die nun in Halle 8 zu findende “tuningXperience” bot sich da einfach an. Neben einigen alt bekannten Fahrzeugen waren hier auch ein paar gut gemachte neue Show&Shine Unikate zu bewundern.
Die Sache mit dem Extrem-Sturz bei manchen Fahrzeugen muss man uns aber mal genauer erklären. Das sieht doch nicht schön aus, oder? Eher nach Achsbruch… Und mit so was kann man Pokale gewinnen? Früher hätte der Knochenhauer (örtliches Kfz-Abschlepp- & Verwertungs-Unternehmen aus Mülheim an der Ruhr) solch beschädigte Fahrzeuge einfach vom Straßenrand eingesammelt…
Jede Menge Krims-Krams - Halle 8.1 und 9.1
Die “Trödelmarkt-Hallen” 8.1. und 9.1 haben wir nur im Schnelldurchlauf abgefrühstückt - obwohl es schon weit nach Mittag war. Alte Emaille Schilder, Lederbekleidung, Süßigkeiten, Aufkleber, Werkzeug, Handyschutzhüllen und Co. sind jetzt nicht wirklich das, was wir auf einer Motorshow benötigen. Aber gesehen haben muss man es - sonst kann man darüber ja nicht meckern ;)
Car-Hifi und Low-Budget-Fahrwerke - Halle 9
Auch Halle 9 ist mittlerweile eher als Trödelmarkt zu betrachten. Gewinde-Fahrwerke für schlappe 99,99 Euro, fragwürdiges Audio-Equipment und einige Autoteile-Händler mit Rückleuchten, Schaltsack-Beleuchtungen und Rückspiegel-Behang sind doch deutlich von dem entfernt, was noch in den “guten alten” 80er und 90er Jahren in dieser Halle los war. Irgendwie traurig - denn wer hat sich damals nicht über die Menschen amüsiert, die mit kompletten Body-Kits, Abgasanlagen oder Oversize-Bassboxen durch die Hallen gezogen sind. Hiervon ist nun, bis auf die vereinzelt mit langen Rollen Carbonfolie beladenen Besucher, nichts mehr zu sehen. Aber wenn man ehrlich ist, kann man das auch verstehen. In Zeiten des Internets und Online-Handels mit Garantien und kostenlosen Rücksendeangeboten, haben es Händler auf der Messe halt schwer. Da kann der günstige Messepreis halt nur über die Qualität der angebotenen Ware realisiert werden. Aber lassen wir das und gehen weiter zu Halle 11.
Großzügiger Showroom - Halle 11
Wo einst Brabus, SKN & Co. beheimatet waren, finden sich heute DHL, der VDAT und die Motor Presse Stuttgart. Neben H&R, der Wiechers GmbH und Borbet waren nur noch wenige, altbekannte und große Marken vertreten. Selbst der Hankook-Stand, mit seinen sehr nett anzusehenden Hostessen, hat uns dieses Jahr nicht vom Hocker gehauen. Während hier in den letzten Jahren immer wieder neue Reifenkonzepte und Technologien vorgestellt wurden, gab es dieses Jahr Zehenschuhe zu bestaunen, deren Sohlen-Profil seinen Ursprung im Profil eines Hankook Offroad Reifens hat. Die Ausstellungs-Freiflächen wirkten auch ein wenig “bunt” zusammengestellt und wirkten ein bisschen wie ein Showroom eines Luxus-Autohändlers. Zwischen dem Capristo Audi A8, einem Nissan Juke Nismo und irgendeinem blau folierten Ferrari, war auch der Golf Edelweiß von Ricarda zu finden, den wir vor einiger Zeit mit einer schicken blau eloxierten TAROX Bremse versehen haben.
Ein kleines Highlight war noch der “Splinter” (zu deutsch “Splitter”) - ein Fahrzeug das zu 90 Prozent aus Holz besteht, aber trotzdem mit einem 7 Liter V8 mit 700PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 386km/h aufwarten kann. Die Karosserie des Supersportlers besteht aus gebogenem und geschichtetem Holz und ist mit Kirschbaum-Furnier statt Lack versehen. Selbst das Lenkrad und die Speichen der Felgen des knapp 1100kg wiegenden Unikats bestehen aus Holz. Wegen so was besucht man doch eine Motorshow, oder? Dagegen fällt die groß angepriesene “James Bond” Ausstellung deutlich ab. Wären wir nicht 2x dran vorbei gelaufen, hätten wir sie glatt übersehen.
tuningXperience die zweite - Halle 12
Die vorletzte Halle auf dem Programm ist die uns gut bekannte Halle 12. Hier haben wir vor 3 Jahren mit unserem Messestand gestanden. Dieses Jahr wurde hierhin ein Teil der tuningXperience, die wir schon in Halle 8 gesehen haben, ausgelagert. Evtl. ist Halle 8 auch die Auslagerung von Halle 12 - wir sind uns da nicht so ganz sicher ;) Viel neues gab es aber auch hier nicht - neben lederbezogenen, lackierten und folierten VAG Autos, den allgegenwärtigen “ich schraub meine Verbreiterung einfach mit Spax-Schrauben dran” Fahrzeugen und einigen Muscle & Rat-Cars, haben nur 2 Fahrzeuge unsere besondere Aufmerksamkeit bekommen. Zum einen der braune Opel Corsa mit dem Urvater der neuen Schmidt Felgen und zum anderen der 1500PS starke Golf IV, der neben einem 5,2 Liter V10 Lambo-Motor, mit einer “sonderangefertigten 32-Kolben Brembo-Bremsanlage” ausgestattet sein will. Wir haben uns dann einfach mal schmunzelnd auf den Rückweg gemacht…
Edel-Felgen und Feuerkraft - Halle 5
Dieser führte uns nochmal durch die Halle 11 und von da aus in Halle 5, wo neben der Volker Schmidt GmbH, HG Motorsport und Wimmer Rennsporttechnik auch die Bundeswehr mit einem Leopard 2 Panzer vertreten war. Wie immer flankiert von irgendwelchen China Händlern die versuchen, durch offensichtlich desinteressiertes Verhalten und minimalst ausgestatteten Messestand, Besucher davon abzuhalten sich für Ihre Carbon- und Kunststoff-Teile zu interessieren. Interessantes Konzept - wir sind uns sicher, dass das klappt! Aber wenigstens gab es hier mal wieder Mützen und Käppis - die haben wir seit Halle 9 irgendwie schon vermisst ;)
Ihr Gewicht in Gold wert? Old- & Youngtimer in Halle 1
Nachdem wir die Halle 2 dieses Mal im Schnelldurchlauf gequert haben, sind wir zu guter Letzt in Halle 1 gelandet. Hier gab es jede Menge teures und berädertes Altmetall zu bewundern, zu Preisen die in den letzten Jahren definitiv deutlich nach oben gegangen sind. Bei einem Volvo-Gespann mit Wohnanhänger für 25000 Euro haben wir kurz gezögert, sind dann aber doch ohne den “alten Schweden” Richtung Halle 3 und in Richtung Ausgang entschwunden. Natürlich nicht ohne vorher noch einen Schlenker über die Concept-Car und die “65 Jahre Formel 1” Ausstellung zu machen.
Ein kleines Fazit
Alles in allem hat sich zum letzten Jahr nicht allzuviel geändert. Die Sitzsäcke wurden durch Tisch/Stuhl Kombinationen ersetzt. Die mit irgendwelchen und irgendwie zufällig wirkenden Fahrzeugen bestückten Freiflächen waren in vergleichbarer, wenn nicht höherer Anzahl vorhanden. Eine wirkliche Thematisierung der einzelnen Hallen war auch nicht wirklich mehr zu erkennen - es kam uns allen sehr vermischt und unstrukturiert vor. Wo es vor einigen Jahren noch möglich war in eine bestimmt thematisierte Halle zu gehen findet man heute eine recht bunte Mischung unterschiedlicher Themengebiete in nahezu jeder Halle.
Die Perlen
Aber es gab auch ein paar kleine Perlen auf der Motorshow, die man nur durch sorgfältiges Hinschauen und Ausfiltern des ganzen anderen Krams findet. So haben uns neben einigen kleinen und cleveren Detaillösungen, die hier den Rahmen sprengen würden z.B. die digital-bedruckten Nummernschildhalter in personalisiertem Design und die Transferfolien-Sandstrahl-Gravierung von Harke-Imaging sehr gut gefallen.
Fazit mit einer nostalgischen Träne im Knopfloch
Eins kann man aber mit Fug und Recht festhalten - die Essen Motorshow ist nicht mehr die Essen Motorshow, die wir damals in den 80ern und 90ern kennen und lieben gelernt haben. Aber das ist das Thema Tuning ja auch nicht mehr. Wo es früher noch genügt hat, ne Spoilerlippe, ne Raceflag und nen Fuchsschwanz auf und an sein Fahrzeug zu pappen, um der “King of the Road” zu sein, müssen es heute schon blattgoldbeschichtete 24” Lexani Felgen mit Super-Niederquerschitt-Reifen, elektrisch verstellbarem Edel-Gewindefahrwerk und Svarowski-Kristall-Verzierung am 4flutigen-Aufpuff sein, um vorne mit dabei sein zu können. Die angespaxten Verbreiterungen nicht zu vergessen - für knapp 15000 Euro ein definitives “Must-Have”!
Die Messe hat es durch Kostenstruktur und den unserer Meinung nach fehlenden roten Faden geschafft, die Motorshow für die kleinen und feinen Tuner, Folierer und Spezialfirmen - also diejenigen, die die ganzen schönen Umbauen machen - so unattraktiv zu gestalten, dass viele sich gegen ein Erscheinen entschieden haben. Die meisten können und wollen sich auch einfach den zeitlichen und monetären Einsatz nicht mehr leisten, weil hinten raus einfach nicht mehr mit wenigstens einer schwarzen Null zu rechnen ist.
Auch wir haben uns bis kurz vor Anmeldeschluss mit der Entscheidung Zeit gelassen, uns dann aber gegen eine erneute Teilnahme als Aussteller entschieden. Nicht unbedingt aus Kostengründen, sondern auf Grund der generellen Länge der Messe, der damit verbundenen, zeitintensiven Vor- und Nacharbeiten und des über mehrere Tage gebundenen Personals. Außerdem finden wir uns im nebulösen Konzept der Messe Essen nicht mehr wirklich wieder.
Persönliche Meinungen
Meine persönlichen Messe-No-Gos:
- Body Kits von oder im Liberty Walk Style
- Extrem-Sturz Fahrzeuge die nach Achsbruch aussehen
- Young- und Oltimer Extremumbauten (Frevel!)
- China-Pröll & Trödelmarkt
- Wunderbäume und sonstiges Gebimmsel für den Rückspiegel
- unmotivierte und abwesend wirkende Hostessen
Endspurt
Wer sich, genau wie wir, noch selber einen Eindruck der Essen Motorshow machen möchte, sollte sich beeilen - morgen an Nikolaus ist der letzte Tag.
Wir wünschen Euch jedenfalls viel Spaß und ein schönes zweites Adventswochenende - egal ob im Gedränge der Messe, auf dem Weihnachtsmarkt oder besinnlich zu Hause im Kreise der Familie!

