Nachgeschaut
Bremsen gut, alles gut - doch entscheidend ist der Bremsweg
Ist er das wirklich? Der ganze Bremsvorgang ist von der Reaktionszeit des Fahrers geprägt, die besonders bei Notbremsungen die Länge des Bremsweges/Anhalteweges bestimmt. Die sogenannte „Schrecksekunde“ ist der längste Zeitraum, der bei einer Notbremsung auftritt. Darauf folgen die relativ geringen Ansprechzeiten der Übertragungselemente. Umgangssprachlich wird unter Autofahrern oft von Bremswegen gesprochen. Relevant ist jedoch der weniger populäre aber viel aussagekräftigere Anhalteweg. Wo verbirgt sich der Unterschied und welche Einflussfaktoren spielen bei dem Bremsvorgang eine entscheidende Rolle?

Bremswege – Wetter und andere Einflussgrößen
Der Bremsweg ist die Strecke, die ein Fahrzeug noch zurücklegt, bis es zum Stillstand kommt oder die gewünschte Geschwindigkeit erreicht hat, nachdem der Bremsvorgang eingeleitet wurde. Hier spricht man von Bremsbeginn und Bremsende. Die zurückgelegte Strecke (Bremsweg) steht in direktem Zusammenhang mit der Geschwindigkeit und der erreichten Verzögerung. Hierbei ist die Geschwindigkeit ein deutlicher Faktor, die Verzögerung hingegen ist von den Umgebungsfaktoren, wie dem Reibwert zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe, geprägt. Den größten Einfluss übt die Traktionsfähigkeit des Reifens zur Fahrbahn, auf die erreichbaren Verzögerungswerte aus. Ist es trocken und die Fahrbahn in gutem Zustand, werden Spitzenverzögerungswerte erzielt. Liegen winterliche Bedingungen vor, wie Eis und Schnee, Nässe und Laub auf der Fahrbahn, dann ist die erreichbare Verzögerung schnell halbiert und unter schlechten Bedingungen geht der Wert auch schon einmal gegen Null (vereiste Fahrbahnen, festgefahrene Schneedecke in Kombination mit nicht wintertauglichen Reifen etc.).
Bremsbetrachtungen – alltagsbezogen & praxistauglich
Was für den Fahrer im Straßenverkehr am wichtigsten ist, ist der Anhalteweg. Das ist die Strecke, die ein Fahrzeug unter o. g. Einflussgrößen plus der Reaktionszeit benötigt, um zum Stillstand zu kommen. Also der Zeitpunkt vom visuellen Erkennen einer Gefahr bis zum Stillstand des Fahrzeuges. Natürlich hängt die Reaktionszeit sehr von der aktuellen körperlichen Verfassung des Fahrers ab, sie kann nicht verallgemeinert werden und stellt somit eine weitere Variable in einer fallbezogenen Berechnung dar. Die sogenannte „Schrecksekunde“, verläuft nach dem statischen Mittel innerhalb von 0,8 Sekunden. Davon benötigt der Fahrer ca. 0,1 Sekunden, um das Hindernis visuell zu erfassen und den Rest der Zeit, um die entsprechenden Befehle vom Gehirn zu dem bremsenden Fuß zu übermitteln. Ist der Bremsvorgang eingeleitet, beginnt die Ansprechzeit, das ist der Zeitraum, den die mechanischen und hydraulischen Bremselemente benötigen, um den Bremsbelag an die Bremsscheibe zu führen. Nun ist beim ersten Kontakt zur Bremsscheibe nicht der maximale Bremsdruck erreicht, dieser stellt sich erst nach einer sogenannten Schwellzeit ein. Der Zeitraum wird bei hydraulischen Pkw-Bremsanlagen mit ca. 0,1 – 0,2 Sekunden angenommen. Dieser relativ kurze Zeitraum ist durch das Lüftspiel zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe bestimmt. Unter bestimmten Umständen kann dieser Zeitraum, durch eine intelligente Auswahl von Bremsbelag und Bremsscheibe, optimiert werden.
Man kann eine Berechnung für die Brems, - bzw. Anhaltewege sehr genau und kompliziert gestalten, sie jedoch auch als gültige Faustformeln zusammenfassen, die für jeden Autofahrer nachvollziehbar und jederzeit greifbar sind. Aussagekräftige Informationen liefern folgende Beispiel-Formeln:

Wird das Ergebnis durch 2 geteilt, ergibt das den Bremsweg bei einer Gefahrenbremsung (Vollbremsung).
Den Anhalteweg erhält man, wenn wir den Bremsweg (egal ob Normal- oder Vollbremsung) mit dem Ergebnis aus einem Zehntel der Geschwindigkeit x 3 addieren:

Fazit:
Die Addition der Vorbremszeiten und der angenommenen Reaktionszeit (0,8 s) ergeben die sogenannte „Schrecksekunde“. Die reine Reaktionszeit ist von Fahrer zu Fahrer verschieden, routinierte Fahrer haben eine kürzere als Fahranfänger. Allerdings spielen auch Alkohol, Drogen, Medikamente und die Tagesform eine große Rolle bei der hypothetischen Annahme der Reaktionszeit. Aus den vielen variablen Einflussfaktoren kann der verantwortungsvolle Fahrer leicht ableiten, dass die gut gewartete Bremsanlage und eine aufmerksame Fahrweise viel zu der Sicherheit im Straßenverkehr beitragen. „Augen auf im Straßenverkehr“, verkürzt die Reaktionszeit und optimiert das Bremsverhalten!
