Wartung & Service
Echt ätzend - wie man seine Bremsanlage kaputt reinigen kann

Der kalendarische Frühlingsanfang naht und so langsam wird es wieder Zeit darüber nachzudenken, sein Fahrzeug für die kommende Saison auf Vordermann zu bringen. Waschstraße oder Handwäsche scheiden die Lager der Autowäscher - besonders dort, wo letzteres erlaubt ist. Doch dass man selbst bei einer gründlichen Autopflege nebst Handwäsche so einiges falsch machen kann, ist vielen nicht bewusst.
Hochdruckreiniger erfreuen sich bei der Autopflege immer noch großer Begeisterung, besonders wenn es um hartnäckigen Schmutz an unzugänglichen Ecken und in filigranen Strukturen wie Felgen & Co. geht. Doch die Dinger sind (je nach Leistungsklasse) nicht ohne. Es soll schon Menschen gegeben haben, die sich mit der Hochdrucklanze ein Loch ins Reifengummi geschossen oder die angemackte Alufelge teilentlackt haben.

Hier gilt: Weder im Radhaus noch im Motorraum hat ein Hochdruckreiniger was zu suchen, es sei denn, man kennt sich damit aus und weiß was man tut! Gummiteile wie Dichtungen, Schläuche etc. können durch den hohen Wasserdruck, gerade bei geringen Abständen, beschädigt und Schmiermittel aus Lagern und Führungen ausgewaschen werden. Von der Elektrik mal ganz zu Schweigen - Steckverbindungen sind auch nur bei normalen Bedingungen wasserdicht.
Doch auch wer auf schwere Geschütze wie den Hochdruck-Dampfstrahler verzichtet, kann alleine durch die, dem Budget geschuldete Wahl des falschen und zu günstigen Reinigungsmittels teure Teile unwiederbringlich beschädigen. Die Rede ist in diesem Fall von flüssigen Felgenreinigern in der Sprühflasche und dem Effekt auf (Mehrkolben-) Aluminium-Bremssättel sowie Bremsbeläge.
Zuerst einmal erscheint diese Wahl harmlos. Man will ja nur “mal eben” die Felgen reinigen - die Bremsanlage rückt meist erst später in den Fokus. Doch da die Bremskomponenten wie Bremsscheiben, Bremsbeläge und Bremssättel ja direkt hinter, bzw. in den Felgen sitzen, bekommen auch diese Komponenten, oft ungewollt aber meist mit Vorsatz, eine großzügige Portion des Reinigungsmittels mit ab.
Und hier kommen wir zum erwähnten Problem: Die Art und Qualität des Felgenreinigungsmittels, sowie die Form des Einsatzes.
Je nachdem welcher Reiniger das Mittel der Wahl ist, kann er Tenside, (Fluss-) Säuren und weitere Substanzen enthalten, die Schmutz lösen und leichter abwaschbar machen sollen. Soweit so gut. Da die heutzutage eingesetzten Alufelgen meist über eine lackierte Oberfläche verfügen, ist das auch alles kein Problem. Lackierte Oberflächen stecken solche “Angriffe” eigentlich problemlos weg.
Bei solchen Reinigern heißt es meist: Je billiger desto schädlicher für Umwelt und Material. Während preislich höher angesiedelte Markenprodukte mittlerweile größtenteils auf Säuren verzichten und die Hersteller peinlichst genau beschreiben, wofür das Mittel benutzt werden darf und wofür nicht, legen die Hersteller vieler Budget-Mittel (oft für erstaunlich kleines Geld im Postenmarkt o.ä. erhältlich) deutlich weniger Wert auf eine gewisse Sanftheit und setzen weiterhin auf die Säure-Keule.
Auch gerne genommen und oft noch fataler: Mittelchen aus dem Haushalt. Bad-, Toiletten-, Fenster- und Backofenreiniger haben weder was auf der Felge noch auf den Bremskomponenten dahinter zu suchen!

Denn die Bremskomponenten "dahinter" sind in vielen Fällen teurer als der Felgensatz. Die (teil-) eloxierten 6-Kolben Split-Bremssättel aus Billet-Aluminium - natürlich aus dem Vollen gefräst und mit Diamond-Cuts versehen - können Säuren mal so gar nicht ab. Zwar schützt die in das Aluminium eingebrachte und zwischen 5 und 25µm "dicke" Eloxierung das darunter befindliche Aluminium ein wenig, aber im Vergleich zu lackierten Bremssätteln, die oft über Schichtdicken im Millimeterbereich verfügen, ist die wenige Mikrometer messende Eloxalschicht nur ein Bruchteil davon. Mit der Zeit und durch äußere Einflüsse bilden sich in der Oberfläche mit dem Auge nicht ersichtliche Mikrorisse und schmälern den vermeintlichen Schutz kontinuierlich. Durch diese Risse können Säuren & Co. direkt mit dem ungeschützten Material reagieren, besonders wenn das Mittel über längerer Zeit einwirken kann.
Noch schneller geht es bei unbehandelten und blanken Stellen. Hier kann die Säure direkt angreifen und binnen Minuten optische Schäden verursachen. Bei entsprechender Einwirkdauer können die Schäden deutlich gravierendere und sogar irreparable Ausprägungen annehmen und sogar der Stabilität und Sicherheit abträglich sein. Alu-Rostfraß auf der Außenseite eines Bremssattels sieht meist nur schäbig aus - doch flüssige Reiniger haben die blöde Angewohnheit durch den Kapillareffekt selbst in feinste Spalten zu fließen und hier ihr Unwesen zu treiben. Dann kann es richtig eklig werden und bis zum Ausfall des Bauteils führen.
Doch nicht nur Bauteile aus Aluminium sind vor Säureangriffen nicht gefeit. Auch andere metallene Komponenten wie z.B. Radbolzen, Bremsscheiben und Anschlussfittinge von Bremsleitungen werden durch Säuren zumindest unschön und verändern ihre Oberfläche.
Bremsbeläge und Tenside? Auch keine gute Kombination, denn wenn dieses Zeug in den Belagkuchen sickert, kann es bei der nächsten Bremsung böse rutschig werden. Während die genannten Tenside bei Schmutz, Öl und Dreck noch wahre Wunder bewirken (können) haben sie auf dem Belagkuchen und somit zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe nichts zu suchen, denn die schmierende Wirkung von Tensiden kann zum teilweisen Verlust der Bremsleistung führen. Experten sprechen hier von bis zu 25%, was definitiv nicht wenig ist. Der Einsatz von Reinigern mit Tensiden ist also nur zu empfehlen, wenn die Bremsbeläge ausgebaut sind - z.B. beim Wechsel von Belägen & Scheiben und nicht im fahrfertigen Zustand!

Man ist also gut beraten, beim Kauf von Fahrzeugpflege-Produkten ein paar Regale höher zu greifen und säurefreie Markenprodukte zu nutzen, welche die Materialien und Oberflächen der meist teuren Bremskomponenten nicht angreifen. Dedizierte Intensivreinigungen von Bremssätteln und Co. sollten ausschließlich bei ausgebauten Bremsbelägen und mit der entsprechenden Sorgfalt geschehen. Wer Zeit und Muße hat, verzichtet vollständig auf solche großflächigen Reiniger (nicht zuletzt zum Schutze der Umwelt) und greift zu Muskelschmalz, Zahnbürste oder Pinsel, wie es von einigen Bremsanlagen-Herstellern empfohlen wird. Dann wird die Bremse nämlich nicht nur rein, sondern behält auch ihren Wert und besonders ihre Sicherheit.

Nicht umsonst scheiben die Hersteller seit vielen Jahren schon Warnungen auf Ihre Webseiten (wie jetzt auch die nebenstehende von V-Maxx) und veröffentlichen "How to" Videos zum Thema der Bremsanlagen-Pflege. Dieses Engagement ist auch nur zu verständlich - denn korrodierte und beschädigte Aluteile durch falsche Reinigung sind von keiner Garantie abgedeckt!
Das Thema ist also definitiv nicht ohne und jeder, dem ein gepflegter Look seiner Bremskomponenten sowie seine Sicherheit etwas wert sind, sollte sich diese Tipps unserer Meinung nach zu Herzen nehmen. Am falschen Ende sparen war noch nie die Lösung und man geht ja auch nicht mit Stahlwolle an den Lack des Fahrzeugs, weil es damit schneller geht, oder? ;)

Kommentare
Kommentar von Lucy am
Dass ich mein Auto beliebig gereinigt habe, ohne mich näher über die richtige Vorgehensweise zu informieren, bekomme ich nun ebenfalls zu spüren. Zwar bin ich mir eines unmittelbaren Zusammenhangs noch nicht sicher, aber eine Warnung für die Zukunft ist mir meine jetzige Situation allemal. Ich hoffe sehr, dass der Schaden nicht allzu groß ist, und die Bremsen in einer Autowerkstatt möglichst schnell wieder repariert werden können.
Kommentar von mücke am
Das stimmt wirklich, so sprach er!!
Finger weg von billig Reinigern!!
Bremssattel gibt es mittlerweile auch lackiert oder man kann sie mit Bremssatel lack lackieren! Es gibt da führende Hersteller die darauf spezialisiert haben!