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Nachgeschaut

Umweltfreundliche Bremsen

(Kommentare: 1)

Und wieder einmal wird „eine neue Sau durchs Dorf getrieben“; und wieder einmal ist es einer näheren Betrachtung wert, was den Kunden unter dem Banner des Fortschritts verkauft werden soll. Konkreter: Die „Umweltfreundliche Automobilbremse“. Dabei werden vor allem zwei Aspekte beworben und für umweltfreundlich befunden:

  • Umweltfreundlichkeit durch neue Reibbelagmischungen der Bremsbeläge. Diese sollen weniger giftigen Staub produzieren.
  • Umweltfreundlichkeit durch neue Wege beim Leichtbau. Durch die Gewichtseinsparung soll der CO2-Ausstoß verringert werden.

Umweltfreundliche Bremsbeläge

Dabei gilt: Gesundheitsschädliches, krebserregendes Asbest ist bereits vor Jahrzehnten aus den Bremsbelägen verbannt worden – aus dieser Ecke droht also längst keine Gefahr mehr. Das ungeachtet dessen weiter bestehende Grundproblem soll deshalb kurz erläutert werden: Bei jedem Bremsvorgang wird Bremsstaub produziert, der aus Partikeln besteht, die sich vom Bremsbelag abreiben. In diesem Feinstaub sind auch winzige Metall- und vor allem Schwermetallpartikel enthalten, die der Gesundheit abträglich sind.

Ferodo Eco-Friction Bremsbeläge
Ferodo Eco-Friction Bremsbeläge

Denn: Diese abgeriebenen Metallpartikel gelangen in die Luft und werden dort von Lebewesen eingeatmet. Weitere Partikel dieses Feinstaubes fallen zu Boden und gelangen so früher oder später ins Grundwasser und damit in die Nahrungskette des Menschen. Und das gilt es zu vermeiden.

So weisen beispielsweise neuere Studien darauf hin, dass das Einatmen von Antimon-Staub zu Lungenkrebs führen kann. Gemäß einer schwedischen Studie ist vor allem der Kupferstaub kritisch zu sehen, da er Umwelt und Lebewesen überproportional belastet. Aus diesem Grund steht neuerdings speziell Kupfer im Mittelpunkt der Umweltdiskussionen – und der Werbung.

Keine neue Diskussion

Doch so neu ist das Werben mit umweltfreundlichen Bremsbelägen nicht, denn bereits vor mehr als zehn Jahren hatte der Bremsenhersteller TRW als erstes Unternehmen seine Bremsbeläge für Pkw auf ein umweltfreundliches und schwermetallfreies Reibmaterial ohne Kupfer, Blei, Quecksilber, Kadmium, Antimon, Messing und Molybdän umgestellt.

Damit war TRW der erste Hersteller, der die EU-Richtlinie ECE-R90 umsetzte. Viele andere der großen Bremsenhersteller sind seither nachgezogen – einzig TRW verzichtet dabei bis heute auf eine Kupferbeimengung in den Bremsbelägen. Dass TRW bei den umweltfreundlichen Bremsbelägen tatsächlich die Nase vorn hat, zeigen beispielsweise Öko-Tests, bei denen die Reibbeläge aus dem Hause TRW in ihrer Umweltfreundlichkeit deutlich besser abschneiden als die Produkte der Wettbewerber.

Da die Beläge der Marke Lucas von TRW aus einer ausgeklügelten Kombination mineralischer und keramischer Fasern zusammengesetzt sind, ohne dass sich dadurch die Bremsleistung verringert, kann bei der Zusammensetzung gänzlich auf die Beimengung von Kupfer, Messing, Antimon oder Blei verzichtet werden. Zugleich soll sich mit dieser völlig metallfreien Reibmischung die Menge an schädlichem Feinstaub bzw. Bremsstaub um die Hälfte verringern.

Umweltfreundlichkeit durch Leichtbau?

Compound Bremsscheibe
Compound Bremsscheibe

Einen ganz anderen Weg gehen die Hersteller und Zulieferer beim Leichtbau ihrer Bremskomponenten durch den Einsatz von Verbundbremsscheiben bzw. Compound-Bremsen (compound = englisch für „zusammengesetzt“). Im Vordergrund steht dabei die Gewichtsersparnis, die je nach Material und Ausführung zwischen 800 bis 1.500 Gramm je Rad beträgt und dadurch für eine CO2-Senkung sorgen soll. Nebenbei sinken die ungefederten Massen, was sich marginal auf die Federungssensibilität auswirkt. Im Großserienbau ist bei den Verbundbremsscheiben die Marke Mercedes-Benz Vorreiter, die diese Bremsen erstmals in der aktuellen S-Klasse verbaute.

Im Kommen sind hier die Konzepte von Verbundbremsscheiben, bei denen die Bremstöpfe aus leichtem Aluminium bestehen. Hierbei werden Reibring und Bremstopf auf verschiedene Weise miteinander verbunden, so durch Stifte, Schrauben oder Nieten. Ein großer Vorteil dieser zweiteiligen Konstruktion ist die Entkoppelung von Radnabe und Bremsscheibe bzw. Reibring, so dass keine Vibrationen von einer Bauteilgruppe auf die andere übertragen werden kann. Die Entkoppelung geschieht durch eine radiale Gleitlagerung. Diese Konfiguration ist bei Sport- und Rennwagen, aber auch bei Motorrädern schon lange üblich.

Zur Entwicklung der Compound-Bremsen konkretisiert Ralf Schmitz von AT-RS: „Als bezahlbare Alternative zu Karbon- und Keramikbremsscheiben aus dem Rennsport und High-Performance-Fahrzeugen haben sich in den letzten Jahren Verbundbremsscheiben etabliert. Dies nicht ohne Grund, denn nirgendwo sind Gewichtseinsparungen so willkommen wie an den Rädern. Dort senken sie nicht nur den Verbrauch, sondern reduzieren auch die ungefederten Massen und erhöhen so Komfort und Stabilität.“

Das Beste oder nichts: Bremstöpfe aus Stahlblech?

Lerichtbau Bremsscheibe
Leichtbau Bremsscheibe

Neu sind hingegen Bremstöpfe aus Stahlblech, in die rundherum stabilisierende Sicken eingepresst werden. Solche Verbundbremsscheiben kommen in vielen Modellvarianten der neuen C-Klasse zum Einsatz, bei denen der Bremstopf nur noch aus dickem Stahlblech besteht. Das mag wohl als fortschrittliche Technologie gelten, doch bei dieser Leichtbaukonstruktion dürften zweifellos die niedrigeren Fertigungs- und Materialkosten im Vordergrund stehen.

Denn so vorteilhaft und kostensparend diese gewichtssparende Konstruktion auch sein mag – in der Werkstattpraxis scheint sie eher problematisch und anfällig zu sein. Zahlreiche Werkstätten klagen über Probleme mit der neuen Verbundbremsscheibe der Mercedes-Benz C-Klasse. Kai Richter von AT-RS fasst den Sachverhalt zusammen:

„Von ihrer Leistung her mögen diese Bremsen wohl allen Ansprüchen eines modernen Automobils genügen, doch scheinen die Konstrukteure bei ihrer Suche nach Gewichtsersparnis über das Ziel hinausgeschossen zu sein. So ist es beispielsweise nicht mehr möglich, den Radträger per Hand über die Bremsscheiben zu schwenken, weil sich dabei der aus Stahlblech bestehende Bremstopf irreparabel verzieht. Oder bei der Montage von Reifen: Ein unbeabsichtigter Stups mit dem Rad an die Bremsscheibe – und schon ist die Bremse hinüber, weil der Bremstopf verbogen ist.“

Und wie weiter?

Wir von AT-RS sind auf die weitere Entwicklung in dieser Hinsicht sehr gespannt. Gleichzeitig meinen wir als Fachanbieter für Bremstechnik, dass diese bei der neuen Mercedes-Benz C-Klasse eingebaute Leichtbautechnik in die falsche Richtung zeigt. Denn letztlich geht sie zu Lasten des Kunden, der für die Anfälligkeit dieser neuen Stahlblechtopf-Bremse bezahlen muss.

Schreiben Sie uns doch einfach mal Ihre Meinung und Ihre Erfahrungen dazu. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung.

Ungeachtet dessen freuen wir uns, wenn Sie weiterhin mit Ihren Wünschen und Fragen rund um die Automobilbremse auf uns zukommen.

Allezeit Gute Fahrt wünscht Ihnen das Team von
AT-RS

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Kommentare

Kommentar von a.e. am

Guten Tag,

das ist ein guter Artikel. Ich komme regelmäsig in dieses Forum und finde es gut das ihr oft eine eigene Meinung habt. Was Mercedes da baut ist Dreck.

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